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Informationen


Für alle Erbfälle ab dem 17.8.2015 gilt in den Mitgliedsstaaten der EU - ausgenommen Großbritannien, Irland und Dänemark - die EU-Erbrechtsverordnung (EuErbVO). Sie regelt, welches nationale Erbrecht bei Erbfällen mit Auslandsbezug gilt und welche Gerichte international zuständig sind. Bis dahin richteten sich für deutsche Staatsbürger die erbrechtlichen Rechtsfolgen ausschließlich nach deutschem Erbrecht. Jetzt ist für das Erbrecht nicht mehr die Staatsangehörigkeit, sondern der „letzte gewöhnliche Aufenthaltsort“ des Erblassers in einem Land der EU maßgeblich. Hielt sich der Verstorbene z. B. zuletzt überwiegend in Spanien auf, so kommt spanisches Erbrecht zur Anwendung. Dies kann zur Folge haben, dass ein in Deutschland errichtetes Berliner Testament unwirksam wird, Pflichtteilsansprüche teilweise oder ganz verloren gehen oder für bestimmte Personen die Erbenstellung ganz entfällt. Ein im Ausland lebender Deutscher kann aber durch eine Rechtswahlklausel in seinem Testament deutsches Erbrecht für anwendbar erklären. Um unvorhersehbare Rechtsfolgen zu vermeiden, sollten daher vorhandene Testamente überprüft und gegebenenfalls um eine Rechtswahlklausel ergänzt werden.
Die gesetzliche Erbfolge (Reformgesetz vom 3.12.2001, in Kraft seit 1.7.2002) tritt ein, wenn der/die Erblasser/in kein Testament hinterlassen hat. Erben sind dann die nächsten Angehörigen:
a) Kinder und Verwandte
Für die Abkömmlinge und sonstigen Verwandten gibt es 4 Erbordnungen, und zwar
• die Abkömmlinge
• die Eltern, Geschwister und deren Abkömmlinge
• andere Aszendenten (Großeltern und deren Abkömmlinge)
• die sonstigen Blutsverwandten und deren Abkömmlinge
Jede Erbordnung schließt nachrangige Ordnungen aus (Art. 734 Code Civil)
b) Ehegatte:
Hinterlässt der Erblasser neben seinem Ehegatten noch Kinder, so erhält der Ehegatte nach seiner Wahl entweder ¼ des Nachlasses oder ein lebenslanges Nutzungsrecht (Nießbrauch) am gesamten Nachlass. Sind jedoch nicht gemeinschaftliche Kinder (Kinder aus einer früheren Ehe/Beziehung des Erblassers) vorhanden, erhält der Ehegatte ¼ des Nachlasses; das Optionsrecht für den Nießbrauch entfällt dann. (Art. 757 – I Code Civil). Der Gesetzgeber wollte dadurch vermeiden, dass ein lebenslanger Nießbrauch des 2. Ehegatten das Erbrecht der Kinder aus einer 1. Ehe aushöhlt.
Falls keine Abkömmlinge (Kinder bzw. Enkel) vorhanden sind, erbt der Ehegatte neben den Eltern des Erblassers ½ , neben noch einem Elternteil ¾. Fehlen sowohl Abkömmlinge wie Eltern, ist der Ehegatte Alleinerbe (Art. 757 – II Code Civil)



Das französische Recht kennt nur das Einzeltestament. Dieses kann in 3 Formen errichtet werden, und zwar als
a) eigenhändiges Testament
b) notarielles Testament zur Niederschrift des Notars
c) notarielles Testament durch Übergabe einer verschlossenen Schrift („testament mystique“)
Dabei ist auf folgende Besonderheiten hinzuweisen:
       - Das eigenhändige Testament muss handschriftlich verfasst, unterschrieben und datiert werden.
       - Bei der Errichtung des notariellen Testamentes müssen entweder ein 2. Notar oder zwei weitere Zeugen mit anwesend sein.
Anders als im deutschen Recht gibt es in Frankreich weder ein gemeinsames Ehegattentestament (Berliner Testament) noch einen Erbvertrag. Aufgrund des Haager Testamentsformübereinkommens vom 5.10.1961 ist jedoch ein in Deutschland errichtetes gemeinsames Ehegattentestament (Berliner Testament) auch in Frankreich wirksam. Allerdings gilt dann dort nicht die typische Bindungswirkung des deutschen Berliner Testaments zu Lasten des überlebenden Ehegatten.
Beispiel:
Die deutschen Ehegatten haben in Deutschland ein Berliner Testament errichtet und sind danach nach Frankreich gezogen. Dort verstarb der Ehemann nach einigen Jahren. – Das Berliner Testament wird auch in Frankreich anerkannt.

Das Pflichtteilsrecht in Frankreich (Reformgesetz vom 23.6.2006, in Kraft seit 1.1.2007) ist als echtes Noterbrecht bzw. „Mindesterbrecht“ ausgestaltet. Der Berechtigte hat nicht nur einen Anspruch auf einen finanziellen Ausgleich (wie in Deutschland), sondern er erhält einen Eigentumsanteil am Nachlass. Der Pflichtteil ist der Teil des Nachlasses, den das Gesetz dem Berechtigten vorbehält. Der Erblasser kann also nur über den anderen Teil des Nachlasses frei verfügen (quotité disponible).
Sind Abkömmlinge vorhanden, haben nur diese ein Pflichtteilsrecht. Ist nur 1 Abkömmling vorhanden, darf über die Hälfte frei verfügt werden, bei 2 Abkömmlingen über ein Drittel, bei 3  und mehr Abkömmlingen über ein Viertel. (Art. 913 Code Civil) Kindeskinder treten an die Stelle der Kinder.
Verwandte in aufsteigender Linie (z. B. die Eltern und Geschwister) sind nicht mehr pflichtteilsberechtigt. Der überlebende Ehegatte hat ebenfalls kein Pflichtteilsrecht, wenn Abkömmlinge des Erblassers vorhanden sind. Andernfalls beträgt sein Pflichtteilsrecht ¼ des Nachlasses.


Gesetzliches Erbrecht: Gesetzliche Erben sind der Ehegatte, die Kinder, die Eltern oder der Staat. Ehegatte und Kinder sind in der 1. Erbklasse. Sie erben zu gleichen Teilen und verdrängen die Erben der folgenden Klassen. Dem Ehegatten steht neben Kindern aber mindestens ein Anteil von ¼ zu. Neben Vorfahren erbt der Ehegatte 2/3. Sind weder Kinder noch Vorfahren vorhanden, erbt der Ehegatte allein.

Testament: Das portugiesische Recht kennt nur das Testament einer einzelnen Person. Es kann vor einem Notar oder als privates Testament errichtet werden. Anders als in Deutschland ist es zulässig, das private Testament am PC zu verfassen; es muss dann auf jeder Seite unterschrieben werden. Das private Testament kann auch im Auftrag des Erblassers von einem Dritten geschrieben werden, bedarf dann aber noch der Prüfung und Genehmigung durch einen Notar.
Das gemeinsame Testament (Berliner Testament) ist hier nicht zulässig. Allerdings wird ein in Deutschland errichtetes Berliner Testament in Portugal anerkannt. Dort entfällt  jedoch die typische Bindungswirkung des Berliner Testamentes, d. h. ein Ehegatte könnte es durch ein neues Testament nach portugiesischem Recht aushebeln.

Pflichtteil: Der Pflichtteilsberechtigte hat - anders als in Deutschland - keinen Geldanspruch gegen den Erben, sondern er wird direkt am Nachlass beteiligt. Der Testierende kann über einen Teil seines Vermögens nicht wirksam verfügen. Pflichtteilsberechtigt sind der Ehegatte, die Kinder und die Eltern. Ehegatte und Kinder haben zusammen einen Pflichtteil (legitima) von 2/3. Sind keine Kinder vorhanden, beträgt der Pflichtteil des Ehegatten die Hälfte der Erbschaft.